Terror! Panik! Vorratsdaten!

Am 15. Dezember 2014 war sich Heiko Maas noch sicher: Heiko Maas über die Vorratsdatenspeicherung (Twitter): #VDS lehne ich entschieden ab - verstößt gg Recht auf Privatheit u Datenschutz. Kein deutsches Gesetz u keine EU-RL! Was ihm in den folgenden drei Monaten das Rückgrat verflüssigte ist unbekannt, aber er hat die Vorratsdatenspeicherung durch die Umetikettierungsmaschine gejagt und findet sie nun doch ganz gut. Die Vorratsdatenspeicherung kommt.

Die HNA veröffentlichte am 16. April einen Kommentar zur Vorratsdatenspeicherung ohne Autorennennung, dem Teaserbild zufolge dürfte es sich um Werner Kolhoff handeln, der als Korrespondent der “Berliner Medien Service GmbH” arbeitet, einem News Pool verschiedener Regionalzeitungen.HNA-Kommentar zur VorratsdatenspeicherungWerner Kolhoff meint:

Für die Vorratsdatenspeicherung gibt es allerdings ein sehr starkes Argument: Das ist die Bedrohung vor allem durch Terroristen.

Hilft die Vorratsdatenspeicherung gegen Terrorismus? Klar hilft sie, behaupten viele Politiker reflexhaft nach einem Anschlag. Zum Beispiel gegen die NSU, meint Sigmar Gabriel, bleibt den Beweis aber schuldig und ignoriert die schon tiefe Involvierung des Verfassungsschutzes. Was V-Leute nicht schaffen (Anschläge verhindern oder zumindest bemerken, wenn sie am Tatort sind), schafft die Vorratsdatenspeicherung doch sicher. Sie war außerdem supernützlich bei der Aufklärung der Anschläge in Norwegen, das weiß Gabriel, ignoriert allerdings, dass es 2011 keine Vorratsdatenspeicherung in Norwegen gab. Tatsächlich gibt es bis heute keinen Fall, in dem die Vorratsdatenspeicherung zur Verhinderung von Anschlägen geführt hat.

Trotzdem zieht Werner Kolhoff folgendes Fazit:

Jene, die die Vorratsdatenspeicherung komplett ablehnen, müssen sich deshalb die Frage gefallen lassen, ob ihr striktes Nein auch den Tag nach einem großen Anschlag überstehen würde.

Gabriels Äußerungen zeigen: Es hat eine Grund, warum Gesetze nicht den Tag nach einem großen Anschlag gemacht werden sollten: Die Gefahr populistischer Schnellschüsse, die in emotionalen Situationen keine vernünftige Rechtsabwägung erlauben. Und damit hat Herr Kolhoff doch einen Punkt: Die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung müssen sich die Frage gefallen lassen, ob ihr Nein zum Anlegen von Bewegungsprofilen, zur Abfrage bei minderschweren Straftaten, zur Abfrage ohne Richtervorbehalt oder der Rasterfahndung auch den Tag nach einem großen Anschlag überstehen würde.

Frisch gestrichen

Bei HNA.de hat man aufgeräumt, durchgefegt und frisch gestrichen: Die Webseite wurde neu gestaltet. Was auf den ersten Blick gefällt:

  1. Durch viel Weißraum und große Schrift gut lesbar.
  2. Dank “responsive Design” auch ohne extra Mobile-Webseite für Smartphones geeignet.

Was ein wenig nervt, aber Geschmackssache ist: Der oben fixierte und mitscrollende Webseitenkopf, der weniger Platz für den Artikel lässt.

Werbung auf HNA.de (magentafarben markiert)

Werbung auf HNA.de (magentafarben markiert)

Was immer noch naja ist: Die Werbung. Ein kostenloses Angebot muss irgendwie finanziert werden und deshalb werden bei jedem Aufruf Daten mit Werbefirmen ausgetauscht (im Test waren es 16). Die HNA bietet eine Übersicht über die Dienstleister mit der Möglichkeit, die Protokollierung für einige von ihnen zu deaktivieren. Kritisieren kann man, dass manche Werbeblöcke in Schriftart und Farbschema nah am eigentlichen Inhalt und daher schwer als Werbung erkennbar sind.

Was laut HNA sonst noch neu ist: Verweise zu Themenseiten am Ende eines Artikels, größere Bilder und Schwerpunktseiten für Stadtteile, Gemeinden und Orte.

Insgesamt eine recht gelungene Neugestaltung, finden wir. Die HNA scheint sich schon vor Jahren für eine starke Digitalstrategie entschieden zu haben. Mit Podcasts, lokalen Online-News, Verweisen auf die Webseite in der gedruckten Zeitung und seit über einem Jahr Kassel live. Nicht jedes Experiment glückt, aber Wille zum Risiko ist erkennbar, was uns optimistisch für die Zukunft der HNA stimmt. Wie eine Lokalzeitung am Medienwandel zugrunde geht, lässt sich bei Thomas Knüwer nachlesen.

Sexistische Sprachunfälle und Wortprobleme

Mit sexistischen Sprachbildern werden meistens Frauen gegenüber Männern degradiert. Die HNA macht es heute in einem verunglückten Versuch, die DPA-Überschrift „Sie heißt Mia, er Ben“ zu verlängern, genau andersrum und benutzt eine Formulierung, die eigentlich für Hunde reserviert sein sollte:

HNA-Schlagzeile: "Sie heißt Mia, er hört auf Ben"

Vielleicht handelt es sich bei der Überschrift um eine Ausgleich für die Einleitung eines Artikels über die einzige Schornsteinfegerin im Werra-Meißner-Kreis. Wie begegnet man dem Vorurteil des inkompententen Blondchens in so einem Text? Natürlich … mit der Beschreibung ihrer Modelmaße im ersten Absatz:

Schon rein optisch dürfte die 21-Jährige bei manchem Zeitgenossen Glücksgefühle wecken: 1,72 Meter groß, 59 Kilogramm leicht, lange blonde Haare und ein hübsches Gesicht. Modelmaße unter einem rußschwarzen Overall.

Rückblick: lokalzeitungskritik.de feiert einjähriges Jubiläum

Fast wäre dieses historische Datum untergegangen: Am 27. August letzten Jahres fiel der Startschuss für lokalzeitungskritik.de – HNA Watch.

Anfangs waren wir etwas kleinkariert, monierten jede Erbsenzählerei. Inzwischen bloggen wir nur noch über Rechtschreibfehler, wenn diese eine gewisse Relevanz haben. Große investigative Leistungen gelangen uns. Wissenschaftlich fundiert kritisierten wir die Politik-Berichterstattung. Das Thema Schleichwerbung beschäftigte uns immer wieder. Auch emotionalen Artikelthemen näherten wir uns. Das Sommerloch stopften wir mit Blog-Posts über die Sommerloch-Artikel. Es gab Tiefpunkte bei der HNA (da war noch einiges mehr) und bei uns. Schmunzeln konnten wir auch. Es war also einiges los im letzten Jahr. Aktuell stehen wir bei 138 Blog-Einträgen.

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Das neue Titelbild

Wenn’s langweilig wurde, wandten wir uns dem wahren nordhessischen „Leitmedium“ zu oder erstellten mal einen Überblick über detaillierte und ausufernde Berichterstattung. Wie das so ist, Fehler finden sich halt nicht immer. Trotz sorgfältigen Lesens oder auch gerade wegen des Nicht-Lesens herrscht bei uns ab und zu content-mäßig etwas Ebbe. Watch-Bloggen ist halt kein kontinuierliches Geschäft. Wenn mal wieder Ebbe war, dann sprangen wir auch schon mal über unseren eigenen Schatten und lobten die HNA. Kritik muss ja nicht immer negativ sein.

Wir sind uns sicher, auch im neuen „Lebensjahr“ finden wir in der HNA genug, um drüber zu bloggen. Also weiter geht’s. Ihr könnt uns gerne Hinweise schicken, auch wenn wir nicht immer umgehend und umfassend antworten können. Oder kommentiert doch unsere Posts. Dort könnt ihr auch Beobachtungen zweiter Ordnung, also Kritik an unserer HNA-Kritik hinterlassen. Seid aber nicht so hart zu uns. Im Gegensatz zur HNA machen wir das hier als Hobby in unserer Freizeit. Es gilt weiterhin: Wer Rechtschraibfehla findet darf diese gerne behalten.

Gefunden hier:
lokalzeitungskritik.de

P.S.: An dieser Stelle wollen wir natürlich auch noch HNA.de zum 15-Jährigen gratulieren – lieber spät als nie. Ohne HNA.de wären wir nichts.

Endgültiges Urteil

Die Berichterstattung und den Abdruck des Interviews mit Armin Meiwes haben wir auf Lokalzeitungskritik positiv kommentiert. Lokalzeitungskritik.de wäre aber nicht Lokalzeitungskritik.de, wenn wir nicht doch etwas zum mäkeln hätten. Die Chronik (links neben dem Interview mit Meiwes) ist mit den Worten überschrieben: „Im Frühjahr 2001 hat Armin Meiwes sein Opfer getötet. Vom Prozessauftakt bis zum endgültigen Urteil dauerte es drei Jahre.“ Der Zeitstrahl beginnt mit dem Tattag (09. März 2001) und endet mit: „9. Mai 2006: Das Urteil: Lebenslang wegen Mordes. (tho)„.

Das endgültige (also rechtskräftige) Urteil erfolgte aber erst am 07. Februar 2007 als die Revision vor dem Karlsruher Bundesgerichtshof scheiterte. Das Urteil vom 09. Mai 2006 wurde erst jetzt rechtskräftig.

Gefunden hier:
HNA vom 26. Juli 2013, Seite 6: Zehn Jahre nach Prozessbeginn: Ein Gespräch mit Armin Meiwes