Wahlkrampf mit der HNA (II)

Skandal: HNA-Mitarbeiter erfinden Skandal, weil sie nicht bis 204 zählen können.

HNA-Wahlskandal2016Wenn 196 von 200 Wahlbezirken ausgezählt waren, dann fehlten noch vier (nicht drei!): und zwar der 197., 198., 199. und 200. Wahlbezirk.

Auch für die 23 Ortsbeirätswahlen lagen am Montagabend nur Trendergebnise vor. In allen 200 Wahlbezirken müssen also rund 24.314 Stimmzettel ausgewertet werden, auf denen kumuliert oder panaschiert wurde. Denn circa 40 Prozent der Wähler/-innen geben sich nicht mit einem Listenkreuz zufrieden.

HNAWahlskandal2016

Keine Ahnung wie die HNA-Redaktion darauf kommt, zu behaupten, die städtischen Mitarbeiter hätten kurz vor Auszählungsende den Feierabend eingeläutet. Es vor schon vorab bekannt, dass für die Auszählung ein zweiter Tag benötigt wird (siehe unten). Mit einer Sonderschicht, wie Frank Thonicke fordert, ist dies nicht getan. Wer so miserabel rechnet, wie manche HNA-Mitarbeiter sollte anderen nicht erklären, wie Stimmen ausgezählt werden. Die Stadt Kassel beschwerte sich in einer Pressemeldung über die HNA-Berichterstattung:

Stadt Kassel weist „Skandal“-Berichterstattung der HNA zurück

07. März 2016. Die HNA berichtete unter dem Titel „Wirbel um Stavo-Wahl: Mitarbeiter gehen vor Auszählungsende nach Hause“ von einem angeblichen Skandal. Die Stadt habe die Auszählung der Stadtverordnetenwahl abgebrochen, kurz bevor das vorläufige Endergebnis festgestanden habe.

Die Stadt hat stets kommuniziert, dass die Auszählung der Stadtverordneten- und Ortsbeiratswahl zwar am Montag beginnt, jedoch planmäßig bis Mittwoch dauern werde. Wahlleiter Uwe Fricke habe bei der Präsentation der Trendergebnisse am Sonntagabend im Rathaus ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch die Auszählung der Stadtverordnetenwahl nicht sicher am Montag abgeschlossen werden könne. Mehrere HNA-Reporter sind dabei anwesend gewesen.

HNAWahlskandal2016ineigenerSacheOnline rudert die HNA nun teilweise zurück (siehe links).

Im Ernst: Was sich die HNA gestern geleistet hat, geht gar nicht. Der Leser, der gespannt auf die gedruckte Ausgabe wartet, erhält am nächsten Tag spaltenweise Bleiwüste ohne Nachrichtenwert. Die „Skandal“-Berichterstattung täuscht über die Bequemlichkeit der Redaktion hinweg. Die Wahlergebnisse hätten fast eine Zeitungsseite voll gemacht. Wer aber keine anderen Themen recherchiert hat, muss sich dann kurz vor Redaktionsschluss etwas aus den Fingern saugen, um die Leerstellen zufüllen.

Heute: Kopfrechnen für Journalisten

Wenn in der HNA-Redaktion drei Redakteure sitzen und ein Praktikant dazukommt: Ist dann jeder Dritte (33 Prozent) ein Praktikant? Natürlich nicht! Jeder Vierte (25 Prozent) lautet die richtige Antwort.

Jetzt um den Faktor 10³ größer:33Prozent

Rechnung:
1000 Flüchtlinge / (3000 Einwohner + 1000 Flüchtlinge) = 0,25 bzw.
1000 / 4000 = 25 Prozent

Für Klugscheißer: Der Vergleich zwischen der Kerngemeinde Calden (2983 Einwohner) und der Stadt Kassel (196.578) hinkt natürlich. Entweder man vergleicht die Kerngemeinde Calden mit einem Kasseler Stadtteil oder die gesamte Gemeinde Calden (7498 Einwohner) mit allen Ortsteilen mit der Stadt Kassel mit allen Stadtteilen. Dann lautet die Rechnung 1000 Flüchtlinge von (7498 +1000 Menschen) sind 11,8 Prozent. 1000 Flüchtlinge pro 7498 Kasseler macht 26.217 Neubürger/-innen für die Stadt Kassel, bei dann 222.795 Bürger/-innen.

Für Geschichtsinteressierte: Ab 1685 wurden in Kassel Glaubensflüchtlinge aus Frankreich aufgenommen und in der für sie errichteten Oberneustadt angesiedelt. Etwa 4000 Hugenotten kamen nach Hessen-Kassel, davon circa 2000 in die Residenzstadt Kassel. 1626 hatte Kassel 6329 Einwohner. Auch Kassel hat dies verkraftet.

Gefunden hier:
Hess. Allgemeine vom 13. August, Seite 2: Flüchtlingslager in Calden

Göttinger Tageblatt vs. HNA

Wer kennt sie nicht, die vielen von Insekten verursachten Verkehrsunfälle: Beim Göttinger Tageblatt ist es 1) eine Biene 2) ein Gehweg und 3) eine „unbeschadete“ 52-Jährige:

GöttingerTBBieneBei der HNA ist es 1) eine Wespe 2) der Radweg R1 und 3) eine „leichtverletzte“ 52-Jährige.HNAWespe_opLaut Pressemeldung der Polizei hat die HNA recht.

Gefunden hier:
goettinger-tageblatt.de (2. August): Biene verursacht Bootsunfall
hna.de (2. August): Wespe attackierte Frau: Bootsunfall an der Fulda

„Die Flüchtlinge sind unser finanzielles Unglück“

Frei nach Heinrich von Treitschkes (1834-1896) Satz „Die Juden sind unser Unglück“ titelt die HNA:ZuvieleFlüchtlinge

Gut, die Haushaltsdefizite des finanziell angeschlagenen Landkreises Kassel stehen zwar in gar keinem signifikanten Zusammenhang zur Entwicklung der Flüchtlingszahlen! Aber egal: Die Flüchtlinge sind unser finanzielles Unglück. Mit dieser Meinung des Landrates rahmt die HNA seit Monaten den lokalen Diskurs. Gut, nicht nur in der Flüchtlingshilfe gab es Kostensteigerungen. Sondern auch in den Bereichen Jugendhilfe, Landeswohlfahrtsverband und bei den Personalkosten. Aber wer würde schon schreiben:

  • Zu viele Behinderte: Kreis Kassel rutscht in die Miesen

Nach einer Änderung der Headline sind der HNA 1800 Flüchtlinge zwischenzeitlich nicht mehr „zu viel“, sondern nur noch viel:

vieleflüchtlingeGefunden hier:
HNA.de vom 14.07.2015: Viele Flüchtlinge: Kreis Kassel rutscht wieder in die Miesen

Leseempfehlungen

1. Empfehlung: B. Rosenkranz „Die ‚Huffington Post‘ zieht’s nach Kassel, Germany“

Die „Huffington Post“ hat Kasel gehypt: Und die HNA hat den Artikel der „Huffington Post“ gehypt. Boris Rosenkranz schreibt im Blog des Medienjournalisten Stefan Niggemeier:

Aber was macht man jetzt als Regionalzeitung aus einem netten Trend, der gar keiner ist? Man kann den Kasselanern ja nicht vollends die Hoffnung rauben, nachher setzen sie sich noch alle in einen Zug nach Berlin (Fahrtzeit: etwas weniger als drei Stunden), und dann wäre Kassel leer. Also darf es wenigstens in der Überschrift so aussehen, als spräche die Welt über Kassel und nicht nur der Münchner Ableger einer amerikanischen Online-Postille.

In einem weiteren Artikel verteidigt der HP-Autor seinen Kassel-Artikel gegen die Kritik von Boris Rosenkranz.

2. Empfehlung: W. Fritsch „Was Leser der HNA loswerden – ein Abend über Online-Kommentare“

Dass die hier vorgestellten, teils unbedarften, teils Ressentiment geladenen Kommentare noch längst nicht die schlimmsten Äußerungen darstellen, zeigte Nähler anhand einiger Beispiele von (natürlich nicht veröffentlichten) Leser-Reaktionen, die an Unflätigkeit kaum zu überbieten waren und bis zu Morddrohungen reichten.

Gefunden hier:
HNA.de vom 30. April 2015: Was Leser der HNA loswerden – ein Abend über Online-Kommentare