Einseitige Darstellung der Kalten Progression

Im heutigen Politik-Teil erklärt die HNA durchaus grafisch ansprechend und für viele hoffentlich auch verständlich die Kalte Progression. Wer sich jetzt fragt, was die Kalte Progression ist, schlägt bitte in der HNA, bei der Wikipedia oder hier (Vorsicht Eigenwerbung!) nach.

Politisch einseitig

Es mag sein, dass der Staat jährlich betrachtet aus der kalten Progression Kapital schlägt. Aber: Laut Experten profitiert er – gerechnet vom Jahr 1998 aus – nicht.

Aus dem HNA-Artikel geht hervor, dass rund „drei Milliarden Euro Steuern pro Jahr zusätzlich in die Staatskasse fließen„. Im weiteren Verlauf wird der Staat als Inflationsgewinner dargestellt. Beim Fragen-Antwort-Spiel bleibt der journalistische Beitrag politisch einseitig. Der Bund der Steuerzahler und der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) kommen zu Wort und fordern den Abbau der Kalten Progression.

Es kann der Eindruck gewonnen werden, dass die schwarz-gelbe Regierungskoalition ins rechte Licht gerückt wird: „Doch, die schwarz-gelbe Bundesregierung wollte die Steuertarife im vergangenen Jahr ändern, scheiterte aber an der Mehrheit von SPD und Grünen im Bundesrat.“ Im Kontext des Beitrages kann, wer will durchaus herauslesen, dass Union und FDP Gutes versuchten, aber an der Achse des Bösen (SPD und Grüne) gescheiterten.

Mit keinem Wort wird darauf eingegangen, dass es gute Gründe gibt die Kalte Progression NICHT abzubauen. Auch abseits des Arguments „Steuerausfall“ gibt es Expertenstimmen, die für eine Korrektur KEINEN Bedarf sehen. Berechnungen einiger Wissenschaftler zeigen, dass die Kalte Progression mit der Senkung des Einkommensteuertarifs 1998 deutlich überkompensiert wurde. So lässt sich im IMK-Report 76 aus dem Oktober 2012 nachlesen: „Damit aber besteht für einen Ausgleich der „kalten Progression“ auf absehbare Zeit kein Handlungsbedarf.“

Folie aus dem Vortrag von Prof. Dr. Achim Truger, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, Professor für Volkswirtschaftslehre, insbes. Makroökonomie und Wirtschaftspolitik Forschungsschwerpunkte: (Europäische) Wirtschaftspolitik, Konjunktur und Beschäftigung, Finanz- und Steuerpolitik, Umweltökonomik / ökologische Steuerreform

Folie aus dem Vortrag von Prof. Dr. Achim Truger, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, Professor für Volkswirtschaftslehre, insbes. Makroökonomie und Wirtschaftspolitik
Forschungsschwerpunkte: (Europäische) Wirtschaftspolitik, Konjunktur und Beschäftigung, Finanz- und Steuerpolitik, Umweltökonomik / ökologische Steuerreform

Diese Position lässt sich in Handelsblatt-Kommentaren, aber auch bei der Gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung nachlesen. Prof. Truger von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin trug diese Meinung am 12. März bei einer öffentlichen Veranstaltung im Landeskirchenamt zum Thema Steuergerechtigkeit vor. Wenn ich mich richtig erinnere, war da nicht „die HNA“ anwesend?

Von dieser Position aus betrachtet, muss die Überschrift „Staat kassiert nebenbei kräftig ab“ politisch doch tendenziös anmuten.

Gefunden hier:
HNA (Kassel-Mitte) vom 09. April 2013, Seite 19 Staat kassiert nebenbei kräftig ab

Ein Gedanke zu “Einseitige Darstellung der Kalten Progression

  1. Pingback: Haben sie es getan? - HNA Watchblog

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.