Lügepresse ist das Unwort des Jahres 2014. Doch ein Medium gehört auf keinen Fall zur Lügenpresse: der ExtraTIP. ExtraTIP-Chefredakteur Rainer Hahne gibt sich alle Mühe PEGIDA-Vordenker zu sein und vermittelt in seinen „Briefwechseln“ sein krudes Weltbild.
Gerne philosophiert er über die „Lösung für Islamproblem?„. Was dieses „Islamproblem“ ist? Keine Ahnung, dies schreibt Hahne auch nicht. Das Geschwafel interessiert eigentlich auch nicht, solange er keine „Endlösung des Islamproblems“ vorschlägt. Apropos „Endlösung“, anlässlich des Holocaust-Gedenkens hat Hahne die Singularität des NS-Völkermordes bestritten und vergleicht Konzentrationslager und ISIS:
Alltag im KZ – Arbeitsweise von Menschen aus unserem Land. ISIS lässt grüßen!!! (Quelle)
Hahnes Blatt verharmlost gerne: Zweiter Weltkrieg? Geile Zeit! „Unsere Jugend ist zu weich!“ lautet eine Überschrift, dann folgen positiven Einordnungen eines ehemaligen NS-Soldaten, getreu der Parole „Wer nicht gehorchen kann, kann auch nicht befehlen!“: „Die heutigen Kadetten sind nicht hart genug!“ & „Das war eine harte Schule, aber ich glaube, wir Jugendlichen von damals waren unserer Zeit einfach voraus!“
Zurück zur Jetztzeit. Hahne schreibt kampfblattartig „Bürger gehen auf die Straße und demonstrieren gegen die Islamisierung Europas.“ „Islamisierung Europas“? Für Hahne ist dieser rechtspopulistische Begriff selbsterklärend und ein Fakt, eine journalistische Distanz zum Thema („angebliche Islamisierung“) ist ihm fremd. Belege für die angebliche Islamisierung führt er nicht an.
Die Rhetorik-Schule des Rechtspopulismus hat er aber mit summa cum laude abgeschlossen: Flüchtlinge, Salafisten, kriminelle Ausländer, Sinti und Roma, Osteuropäer, Wirtschaftsflüchtlinge, Burka? Alle in einen Topf werfen, umrühren und fertig ist das braune Süppchen à la ExtraTIP.
Gerne fordert Hahne „Meinungsfreiheit für Jeden!“. Achso natürlich nur für die PEGIDA-Anhänger, nicht für den Intimfeind des ExtraTIPs, die bösen roten Gewerkschaften (Igitt, die haben den Mindestlohn erfunden und der gilt auch für Zeitungszusteller). Denn der DGB habe „in seinen Lagern Plakate und Fahnen für jeden Zweck hat – und natürlich seine Berufsdemonstranten“. Dem möchte ich hinzufügen: Hahne vergisst die DGB-1.-Mai-Berufsdemonstranten, die DGB-Berufssteinewerfe, die DGB-Berufsgutmenschen, die DGB-Berufsgewerkschafter und die DGB-Juristen, die gerne den ExtraTIP verklagen.
Last but not least erklärt uns Rainer Hahne den Unterschied zwischen „Lügenpresse auf halt die Fresse“ und Terrorismus:
Fassungslos stimmt mich auch die Sichtweise von FAZ-Mitherausgeber Berthold Kohler, der den Vorwurf „Lügenpresse” der Pegida-Anhänger und das Massaker in Ihrer Redaktion [gemeint ist das Pariser Satireblatt Charlie Hebdo] in einem Atemzug nennt. Beides seien Angriffe auf die Pressefreiheit. Herr Kohler sollte eigentlich den Unterschied zwischen Bürgern, die sich von einigen Journalisten nicht mehr richtig informiert fühlen und zum Teil auch erkennen, wo die Unwahrheit geschrieben oder gesagt wird und kaltblütig mordenden Terroristen erkennen. […] Der Jounalist [sic!], der Pressefreiheit für sich in Anspruch nimmt, sollte wissen, dass er eine große Verantwortung trägt. Es ist unsere Aufgabe, genau hinzuschauen und zu berichten.
Herr Hahne richtig hinschauen können Sie nur, wenn Sie die braune Brille abnehmen!
Allerdings darf man nicht alle Hahne-Angestellten mit ihrem Chefredakteur gleichstellen. Während dieser einerseits jegliche Kritik an den rechtspopulistischen Pegida- bzw. Kagida-Auswüchsen als undemokratisch abtut, wurde unter seiner Redaktionsherrschaft ein kritischer Redaktionsleiter entlassen, weil dieser es gewagt hat von einer Mai-Kundgebung zu berichten (siehe Beitrag vom (21. August) Dabei muss man ergänzen, dass sich der geächtete Redaktionsleiter stets gegen Rassismus, Religions- und Menschenfeindlichkeit ausgesprochen hat. Ebenso wie die Mitglieder seines Redaktionsteams, die kritisch über Feindseligkeit gegenüber mögliche Asylbewerber und Flüchtlinge http://bit.ly/1xWOeIy, rechtsradikale Ausfälle http://bit.ly/1IGytqW oder http://bit.ly/1u2wGWn, verschleierte Nazivergangenheiten in Kleinstädten http://bit.ly/1Iq0apK, AfD-Veranstaltungen http://bit.ly/1IGAqUf oder Fremdenhass im Bürgertum http://bit.ly/1DD6aLX berichtet haben. Daher verwundert es nicht im geringsten, dass die Geschäftsleitung nicht nur den kritischen Redaktionsleiter sondern auch die ebenso kritischen Redaktionsmitglieder vor die Tür gesetzt hat bzw. derzeit damit beschäftigt ist http://bit.ly/1su1La3 (siehe Diskussion). Immerhin passt eine solche Berichterstattung nicht in die Welt eines Verlages der lieber mit Anfeindungen gegen ausländische Obdachlose der Verherrlichungen der Nazizeit schmückt und im Internet immer wieder extreme und dumpfe menschenverachtende Kommentare von rassistischen Lesern kritiklos freischaltet.
Oh Mann! Und es geht immer weiter. Der Extratip beschwert sich darüber dass die Obdachlosenzeitung Tagessatz nicht mehr in deutscher Hand ist und jetzt sogat von Ausländern verkauft wird.
http://lokalo24.de/news/zoff-um-den-tagessatz-osteuropaeer-draengen-in-verkaeufer-jobs/483240/.
Und eindeutig rechtsradikale und menschenverachtende Kommentare werden weiterhin freigeschaltet. Achtet mal auf diesen „Armes Deutschland“.
Es ist wirklich schlimm dass ein so rechtsradikal angehauchtes Schundblatt wie der Extratip in allen Haushalten verteilt wird und dass es sogar in die Hände von Kindern gerät.
Die HNA zitiert Michael Rudolph vom DGB mit den Worten:
„Die von Kagida erträumte große Bewegung hat in Kassel nicht stattgefunden. Zurück bleiben einige altbekannte Nazis, Hooligans und politische Wirrköpfe“. (http://www.hna.de/kassel/buendnis-gegen-rechts-kagida-geschichte-4763090.html)
Da fragt man sich doch glatt, was davon ein gewisser Zeitungsredakteur ist.
Sieh doch mal einer an: Kaum hat der HNA-Watchblog auf den Zweiter Weltkrieg-verharmlosenden Text “Unsere Jugend ist zu weich!” hingewiesen, schon wird dieser Text nicht mehr im Internet angezeigt. Hat Kagida-Hahne etwa angst, dass man seine Presse als das erkennt, was sie eigentlich ist? Das ist Feigheit vor dem Feinde, Herr Hahne. Deutscher Heldenmut sieht anders aus!
Da wundert es nicht im geringsten dass im Extratip ausgiebig über jedes noch so kleine Vergehen und Verbrechen berichtet wird, aber der Kasseler Neonazi Bernd T. mit keinem Wort erwähnt wird. Dieser Mensch wird immer wieder aufs neue wegen zahlreichen brutalen Verbrechen verurteilt und war sogar vor den NSU-Prozeß geladen wo er nie aufgetaucht ist. Gerade dieser Fall wäre ein gefundenen Fressen für jede Zeitung. Wenn ich mir jedoch den Extratip Chefredakteur Rainer Hahne beziehungsweise seine Schreibe ansehe, erscheint es nur logisch, dass dieser Rechte Straftäter nicht erwähnt wird. Hier scheint das Prinzip „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“ mehr zu wiegen als das Prinzip dar redaktionellen Berichterstattung.
http://lokalo24.de/news/rechtes-netzwerk-eine-spur-fuehrt-in-die-jva-huenfeld/359474/
http://lokalo24.de/news/kasseler-zeuge-im-skinhead-outfit-beim-nsu-prozess/547592/
http://lokalo24.de/news/kasseler-neonazi-gruendet-verein/493093/