Gerade eben haben wir einen Artikel publiziert, in dem es um (Rechts-)Populismus in Kommentaren auf HNA.de geht. An dieser Stelle möchten wir diese Kommentare analysieren. Ob einzelne Kommentatoren (eventuell wird auch mit Fake- bzw. Doppel-Accounts kommentiert) rechtspopulistische Einstellungen aufzeigen, lässt sich politikwissenschaftlich nicht leicht feststellen. Es geht bei der nachfolgenden Untersuchung nicht darum einzelne Kommentatoren als „Nazis, Rechtspopulisten, Ausländerfeinde und islamophob“ zu brandmarken. Vielmehr sollen rechtspopulistische, undifferenzierte und intolerante Argumentationsmuster aufgezeigt werden.
Meistens handelt es sich um Migrationspopulismus in Verbindung mit diesen Merkmalen, die wir jeweils mit einigen Beispielen versehen haben (Rechtschreibung wie im Original, Kursivgedrucktes von uns):
1. Argumentation á la: „Migranten haben eine Bringschuld, sie müssen sich an die (christlich-geprägte, westlich-deutsche, homogene) Mehrheitsgesellschaft anpassen“:
- „Deutsche können ja auswandern dann fühlen sich Türken und Araber wohler“ (Quelle) Stilmittel: Ironie/Sarkasmus
- „Ja, ich habe Angst für Überfremdung ! Es ist doch schon viel zu weit gekommen. Lasse ich mienen Arbeitskollegen nicht zum Freitagsgebt, muss ich mir Dinge anhören, die schreibe ich hier lieber nicht……“ (Quelle)
- „Klar haben die Menschen in unserem Land Angst vor überfremdung und sie haben auch Angst vor dem Islam. Und das völlig zu Recht“ (Quelle) Islamphobe Äußerung.
- Wir kuschen vor denen schon! Sind wir hier noch in Deutschland? (Quelle)
2. Kriminalpopulismus: Für Manche keine Hypothese, sondern ein Fakt: „Ausländer sind kriminell“ / Law and Order / oder kurz: „Es reicht!“
- „Herr Hilgen gehen Sie doch mal Freitag abends auf den Königsplatz und überzeugen sich persönlich wie die bestens integrierten Fachkräfte von morgen sich dort benehmen.Beim Anblick dieser Minitürken packt mich nur noch die Wut.“ (Quelle) stilistisches Mittel der Abwertung (erinnert an Sarrazins „kleine Kopftuch-Mädchen“) in Kombination mit Ironie, „unangepasstes Verhalten“ erfüllt Punkt 1.
- „Gibt es für jeden, der in Kassel ermordet isteinen Platz oder eine Haltestelle.??
Aber man darf den ausländischen Bürgern ja nichts abschlagen– sonst schlagen sie zurück!!“ (Quelle) Stilmittel: Wortwitz. - Dieser hier verlinkte Kommentar untermauert mit Fakten aus der Kriminalstatistik, dass dort Ausländer überrepräsentiert sind. Verpackt dieses aber als Halbwahrheit, denn das wichtige kriminologische und soziologische Merkmal ist nicht die Nationalität, sondern der soziale Stand: “ — Bloß passen diese Fakten ja nicht zu den Schubladen, die man so über die guten Ausländer mit sich herumträgt. — […] Fakten sind Fakten! Und man kann keine Lösungen schaffen, indem man sie einfach ignoriert oder gebetsmühlenartig das Falsche behauptet. Auch wenn wir von einer Minderheit sprechen, muss es erlaubt sein, das Kind beim Namen nennen zu dürfen.“
3. a) Klassischer Populismus: „Wissen, was DAS Volk will“ und b) Vertikaler Rechtspopulismus: „Wir gegen die da oben“
- „WARUM STARTET DIE HNA FÜR IHRE LESER UND DIE KASSELER BÜRGER NICHT EINE UNTERSCHRIFTENAKTION GEGEN DIE UMBENENNUNG DER HALTESTELLE?“ (Quelle)
- „Ohne Worte !! Jeglicher Kommentar sinnlos,ebenso für mich in Zukunft am Wahlgeschehen teilzunehmen.Man sieht doch,dass den Politikern die Stimme des Volkes vollkommen egal ist.“ (Quelle)
- „grundsätzlich können Sie diese Meinung ja vertreten und die Entscheidung für richtig halten. Trotzdem rechtfertigt nichts, aber auch gar nichts, die Tatsache, dass diese Entscheidung gegen die mehrheitliche Meinung der Bevölkerung durchgesetzt wird.“ (Quelle)
zu a) Als ob das HNA-Forum repräsentativ für die Kasseler Bevölkerung wäre. Die postulierte Behauptung zu wissen, was das (homogene) Volk will, ist klassischer Populismus. Diese Sicht wird einer differenzierten modernen Gesellschaft nicht gerecht.
zu b) Im Klartext: „Es gibt ein homogenes Volk, das eine Stimme hat! Und diese wir von unseren Volksvertretern nicht gehört“
4. Verharmlosung: „Die Wollen doch nur Spielen!“ / „Alles unreife alkoholisierte frustrierte Jugendliche“ / „Es gibt kein rechtes Problem, alles halb so schlimm“:
- „Im übrigen ist mir noch nicht ganz klar, woher Sie die Gewissheit nehmen, „dass in unserem Land Rechtsterroristen jahrelang ungehindert mordeten“. In welchem Gerichtsprozess wurde das juristisch einwandfrei bewiesen?“ (Quelle) Zur Erinnerung: Adolf Hitler ist auch nie verurteilt worden. Heißt keine Verurteilung automatisch unschuldig? Der Pressekodex erlaubt in klaren Fällen auch juristische Begriffe zu verwenden ohne (fertig abgeschlossenen) rechtsstaatlichen Prozess.
- „Ich kann diesen Scheiß echt nicht mehr hören … Zumal es bis heute keine eindeutigen Beweise gibt, wer nun letztendlich der/die wahren Mörder sind … Aber so ist es am Einfachsten, gleich in die „Rechte“ Ecke zeigen, alle sind beruhigt und die ganzen Multi-Kulti-Fanatiker klatschen Beifall.“ (Quelle) Vorheriges Argument in Kombination mit der „Muliti-Kulti-Weltverschwörung“.
- „Ich „rieche“ sie schon förmlich, eine der nächsten HNA-Schlagzeilen: Hakenkreuzschmierereien am Halitplatz, Magistrat erwägt Überwachungskameras zu installieren!“ Und Schuld sind nicht die fehlgeleiteten Jugendlichen Sprayer (die wissen sowieso nicht was sie tun), sondern einzig und allein solche Betroffenheitsheuchler wie der Kasseler OB.“ (Quelle)
- „Kein Kasseler Mitbürger hat mit der Tat auch nur im geringsten zu tun.
Warum wird also hier so ein Schwachsinn veranstaltet ?“ (Quelle)
5. Und der Renner unter den schwachen der schwächsten Argumente: Auge um Auge – deutsche Opfer ausländischer Gewalt werden verschwiegen (beinhaltet immer Punkt 2) / „Ein ausländisches Todesopfer darf niemals einem deutschen Toten gegenüber bevorzugt werden!“
- „Es ist Genug – Ja mehr als Genug einen Gedenkstein aufzustellen. Machen wir doch mal einen Ausflug in die Türkei und suchen nach einem Gedenkstein, Straße, etc ( für deutsche Opfer )….die durch Türkische Kriminelle ermordet wurden.Sie werden keine finden !!!!“
- „Also ich bin dafür, dass das Mädchen was in der Türkei zu Tode gekommen ist, durch den Alkohol von den Türkischen Discobetreibern, ein Platz und eine Moschee benannt wird. Ist das nicht Fair Herr Hilgen? Oder sind wir Deutschen für Sie niederes Volk, was nur zu parieren hat, wenn es um Wahlen geht??? Es ist eine Unverschämtheit, wie über unsere Köpfe drüber hinweg entschieden wird.“ (Quelle) Beinhaltet hier auch Punkt 3.
- „Liebe Gutmensch-Politiker der Stadtt Kassel. Lasst es jetzt mal gut sein. Es fängt jetzt an peinlich zu werden. Über den Platz musste ich mich bereits wundern, das war schon über der Schmerzgrenze. Sind Deutsche Opfer etwa 2. Klasse? Ist Mord an einen Nicht-Muslem etwa Mord 2. Klasse?
Für die Eltern und Angehörigen des damals von mehreren Türken ermordete Thorsten Tragelehn muss dieses ganze Schauspiel ein Schlag ins Gesicht sein.“ (Quelle) Gekonnt wir hier eine Halbwahrheit verbreitet, auch ein Deutscher Staatsbürger wurde für seine Tatbeteiligung verurteilt. - Wo sind die Steine, Plätze, Gedenkstätten in der Türkei – für die deutschen die durch Türken umgekommem sind ???“ (Quelle)
- „Wie oder was ? Wo ist in der Türkei eine Strasse ein Platz oder eine Haltestelle umbenannt? Wieviel Morde wurden da schon an Deutschen verübt hat man irgend ein Wort des bedauerns gehört ?“ (Quelle)
- „DAS HAT NICHTS MIT RASSISMUS ZU TUN, ES GEHT DARUM DAS WENN EIN DEUTSCHER IN EINEM ANDEREN LAND GETÖTET WIRD KEIN DENKMAL BEKOMMT“ (Quelle)
- „setzen Sie sich erst einmal mit den Motiven der Gewalttäter mit Migrationshintergrund auseinander. Sie werden erschrecken, was Sie dann erkennen. Nämlich das, was hier allgemein angeprangert wird und eindeutig als rechts einzustufen ist.“ (Quelle)
All diese Diskussionsbeiträge verkennen, das a) Halit Yozgat deutscher Staatsbürger war (was im Sinne einer deutschen Bluts- und Reinheitslehre natürlich total egal ist); b) Halit Yozgat wegen seiner Abstammung aus rassistischen Motiven ermordet wurde, aber keine organisierte Vereinigung bekannt ist, die systematisch Deutsche wegen ihrer Abstammung ermordet.
6. Sozialpopulismus: „faule“ Menschen, die auf Kosten des Sozialstaates leben, werden auf Kosten der Leistungsträger verwöhnt:
- „Viel besser finde ich noch, dass die tolle Stadt Kassel einige Häuser für Asylanten umbauen will, während Studenten (welche die Zukunft Deutschlands sind!) auf der Straße leben oder in Notunterkünften hausen.“ Leserbrief zur Diskussion, der inhaltlich etwas out-of-topic ist, in der HNA-Ausgabe Kassel-Mitte vom 06.11.2012, Seite 13. Weiter heißt es: “ […] und so langsam sollte man dann doch mal die Vergangenheit ruhen lassen und sich mal wieder mehr um die eigene Bevölkerung kümmern. Denn schließlich gibt es genug Probleme, welche deutsche Staatsbürger betreffen.“ Man könnte dem Schreiber unterstellen, er unterscheide zwischen „Wir Deutschen“ (im Sinne einer Volksgemeinschaft) und „den Anderen“, die Aufgrund ihrer Abstammung keine Deutschen im eigentlichen Sinne seien.
Jetzt spezielle Argumentationsstrukturen dieser einen Haltestellennamen-Debatte:
7. „Wie kann man einen großen deutschen Staatsmann (Philipp Scheidemann) durch einen „Türken“, der nichts geleistet hat, ersetzen“:
- „Ich bin fassungslos!!!
Herr Hilgen, wissen Sie eigentlich nicht wer Scheidemann war ? Am besten ist, Sie konvertieren zum Islam, lernen türkisch (oder können Sie es schon?) und geben Ihr Amt auf. Die Kasseler Bürgen werden es Ihnen danken.“ (Quelle) Beinhaltet im besonderen Maße Punkt 1 - „Jetzt tickt er völlig aus! Nun soll gar Philipp Scheidemann der political correctness geopfert werden.“ (Quelle)
Hier wird nicht berücksichtigt, dass a) der Namenszusatz (Philipp-Scheidemann-Haus) trotz Umbenennung erhalten bleibt; b) das es eine eigene Haltestelle Scheidemannplatz gibt und der Kasseler Scheidemann im Stadtbild präsent bleiben wird und nicht verschwindet. Zudem wurde Scheidemann 1922 auch Opfer eines politisch-rechts-motivierten Blausäure-Anschlages. Zwei Opfer in zwei Jahrhunderten, die an rechte Gewalt erinnern.
Gekonnt vollenden die „Experten“ durch Kombination der rechtspopulistischen Argumentationsmuster ihren Diskussionsbeitrag unter Zugabe von pauschalen Verallgemeinerungen:
- „Vielmehr geht es hier darum so langsam Grenzen zu setzen. Wir Kasseler trauen uns teilweise schon gar nicht mehr in einige Stadtteile, da sie von Ausländern, Immigranten (und solchen die es werden wollen) übervölkert sind und diese sich nicht unbedingt verhalten als wollten sie sich integrieren […] Aber stellen sie sich mal gleiche Situation in einer Stadt in der Türkei in umgedrehten Fall vor. Keine Straße, kein Platz und auch keine Haltestelle würde dort nach einem Deutschen benannt der dort umgebracht worden wäre. Auch wenn wir ein offenes Land für alle sind, aber alles hat seine Grenzen und so langsam werden diese Grenzen in Deutschland immer mehr überschritten und wir werden durch unsere „Rücksicht“ die wir gegenüber allen Zugereisten haben sollen immer mehr in unserer Freiheit eingeschränkt. So langsam reicht es und ich denke ich spreche da einigen aus der Seele“ Oder in Kurzform: Es reicht, Grenzen setzen! Die (Fremden, Nicht-Kasseler), die viel zu viele sind, gegen Uns! Die (Fremden) sind nicht integriert und wollen das auch nicht (im Unterton: Kriminelle).
- Und hier ein Jünger Thilo Sarrazins: „Also da kriege ich doch glatt kalten Würgreiz, wenn ich diesen Irrsinn lese. Wenn man deutschen Opfern ausländischer Gewalt auch nur Bordsteine widmen würden, hätten Navigon unf TomTom ne Menge zu tun, da die Server unter der Update-Last für Ihre Navis innerhalb Minuten zusammenbrechen würde. Deutschland schafft sich tatsächlich ab, da gibt es keine Zweifel. Im Ausland lacht man sich über soviel Dummheit nur noch kaputt.“ (Quelle)
- Und Abschließend noch etwas zur Angst vor der Islamisierung und Muslime als Feindbild (Quelle): „Ironie on: Ich habe einen Blick in meine Glaskugel gewagt und folgendes gesehen. Eine Schlagzeile der HNA ( H alitscher N achrichten A nzeiger) vom Oktober 2022 lautet: Oberster Mullah in Kassel zu besuch Unser diktakratisch von uns allen gewählter, allerliebster, hochverehrter oberster Mullah Ali ben Dschihadd ist zu Ehren des vor 10 Jahren ermordeten Haltit Y. von seinem Amtssitz in Mekka mit einer Maschine der Bin Laden Air auf dem Flughafen Calden in der äußeren islamischen Provinz Hessen gelandet. Aus Sicherheitsgründen wird die Yozgatsche Nordstadt (ehemals Kassel) für den Verkehr gesperrt, der weiblichen Bevölkerung ist es bei Strafe verboten sich ohne Kopfbedeckung dem Platz mehr als 500m zu nähern, die männliche Bevölkerung wird gebeten nur die Miniaturausgabe des Gebetsteppichs für das kleine Gebet zwischendurch mitzuführen um den Platzmangel im öffentlichen Nahverkehr nicht zu sehr zu strapazieren. Der Bevölkerung wird angedroht zahlreich an der Zeremonie teilzunehmen um der mit der Ehrung einhergehenden Heiligsprechung zahlreicher Kämpfer des Dschihadd einen würdevollen Anblick zu verleihen.
Zu diesem Zeremoniell ebenfalls erwartet werden Stadthalter Trittin, Fischer und Großwesirin Roth, weiterhin der Vertreter der christlichen Minderheit, Iman Benedikt.Ironie off Ich glaube zwar nicht das diese Zeilen hier zu lesen sein werden, aber man soll den Mut ja nicht aufgeben…“
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