200-jährige Brandserie

Feuerteufel haben wieder in der Mündener Innenstadt zugeschlagen“ lautet die Schlagzeile, doch was ist eine Brandserie? Wenn es innerhalb eines bestimmten Gebietes innerhalb einer bestimmten Zeit mehrfach brennt:

„Auf dem Grundstück des Restaurants war das schon der dritte Brand. Vor sechs Jahren war die Diskothek Bastille komplett abgebrannt und vor rund 200 Jahren stand die damalige Brauerei in Flammen.“

Es scheint doch etwas sehr weit hergeholt einen 200 Jahre zurückliegenden Brand heranzuziehen, bemängelt unser Hinweisgeber. Zudem ist die emotional stilisierte Sprache bemerkenswert. Schon eine kleine Zündelei (Schaden 700 Euro) an einem „Sonnenschirm“ wird als Werk des „Feuerteufels“ skandalisiert.

Gefunden hier:
HNA.de vom 23.10.14: Feuerteufel haben wieder in der Mündener Innenstadt zugeschlagen

EU nicht Europarat

Am 10. April hatte die HNA über eine Petition vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Brüssel berichtet. Dies ist natürlich Quatsch mit Soße. Der EGMR sitzt nicht in Brüssel und vor Gerichten wird auch nicht petitioniert, sondern geklagt.

Die im Artikel porträtierte Großmutter weißt in einem Kommentar unter unserem Blogeintrag darauf hin, es handle sich um den Petitionsausschuss des Europäischen Parlamentes (der Europäischen Union). Damit wäre das Rätsel im wirren HNA-Artikel gelöst. Das EU-Parlament sitzt in Straßburg, tagt aber auch im Brüssel. Der EGMR, der keine EU-Institution ist, sitzt und arbeitet nur in Straßburg.

Diese Unkenntnis der HNA über europäische Politik diskreditiert knapp einen Monat vor den Europawahlen die eigene Berichterstattung über eben jene Wahl. Hoffen wir, dass die weitere Berichterstattung frei von solchen Pannen bleibt. Naja, notfalls profitiert lokalzeitungskritik.de von Lücken im Redakteurs-Wissen um Europa.

Gefunden hier:
Mündener Allgemeine vom 10. April 2014, Seite 3: Protest gegen Jugendamt

Straßburg nicht Brüssel

In der aktuellen Ausgabe der Mündener Allgemeinen ist vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Brüssel zu lesen:

EGMR_Brussel

Screenshot von HNA.de (Quelle)

Ob sich jemand beim Tippen dieses 56 Wörter umfassenden Bandwurmsatzes vertan hat? Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sitzt nicht in Brüssel, sondern in Straßburg.

Beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) handelt es sich um keine EU-Institution. Der EGMR ist nicht mit dem EuGH zu verwechseln. Der Europäische Gerichtshof (EuGH), quasi das Bundesverfassungsgericht der EU, sitzt in Luxemburg.

Bleibt die Frage, was mit Brüssel ist. Und seit wann wird vor einem Gericht Stellung zu einer Petition genommen? Ich dachte immer, vor Gerichten klagt man. Aber wer will schon verstehen, was in der Tageszeitung zu lesen ist. 

Gefunden hier:
Mündener Allgemeine vom 10. April 2014, Seite 3: Protest gegen Jugendamt

Böser Biodiesel

Die HNA ist ganz umweltbewusst. Sie recycelt sogar Artikel.

Am 18.10.12 erschien dieser Artikel online im Hann. Mündener Lokalteil. Knapp einen halben Monat später, und zum Ende des Textes etwas modifiziert, taucht der Artikel im Kasseler Lokalteil auf – mit dem selben Bild und vielen identischen Passagen.

Brandaktuell informiert die HNA also über die Gefahren von Biodiesel.

Im neueren Artikel kommt im Unterschied zum Originalartikel ein weiterer „Experte“ zu Wort. Dieser „kennt sich aus mit der Gefahrstoffbeseitigung nach Unfällen […] Pötter sieht im Biodiesel eine zusätzliche Gefahr, weil dieser besonders glitschig sei.“

Dumm nur, dass sich Biodiesel von herkömmlichen Dieselkraftstoff in der (chemischen) Gefährlichkeit vor allem darin unterscheidet, dass Biodiesel kein Gefahrstoff ist. Herkömmlicher Dieselkraftstoff hingegen hat eine eigene UN-Gefahrgut-Nummer (1202) und wird nach dem inzwischen veralteten, aber eher bekannten orangenen Gefahrsymbolen als reizend, gesundheitsschädlich und umweltgefährlich eingestuft:

Im Sinne einer sachlichen und ausgewogenen Berichterstattung hätte man diesen wichtigen Unterschied erwähnen können, statt ausschließlich das Negativ-Image vom Biodiesel zu bedienen.

Aber in Chemie war die HNA noch nie so gut. Bei dem Unfall in einem Kraftwerk des Lebensmittelherstellers Kraft Mitte Oktober hatte die HNA schon fehlerhaft berichtet. Damals hieß es Salzsäure wäre folgenschwererweise zu Natronlauge gekippt worden und eine Wolke mit giftigen nitrosen Gasen hätte sich gebildet. In der Korrektur wurde dann aus der Salzsäure Salpetersäure, die auch den nötigen Stickstoff für die Bildung von Stickoxiden enthält. Aber geschenkt, fast 100 Prozent der Leser lesen über so etwas hinweg.

Gefunden hier:
HNA.de, 18.10.2012: „Pannenserie auf der A 7: Diesel ist für Fahrbahnbelag schädlich“
HNA, Kassel-Mitte vom 29.10.12: Biodiesel frisst Asphalt (hier bei hna.de)

Update (10.50 Uhr):
Die Überschrift wurde von „Biodiesel frisst Asphalt“ zu „Unfälle auf A7 führen zu immer höheren Kosten“ entschärft.