Breitgetretene Provinz-Possen

Die HNA und die Kasseler Kirchen schaffen es in diesem Jahr immer wieder das Sommerloch zu stopfen. Die Provinz-Possen werden breitgetreten, bis sie „bundesweit Wellen schlagen“.

Anfang Mai war es eine Ausstellung in der Katholischen Kirche St. Elisabeth. Gut sichtbar wurde im Kirchturm ein rotierende Skulptur positioniert. Diese gehörte zur Ausstellung.

  • Anwohner vermuteten eine Person, die Selbstmord begehen wollte. Die Feuerwehr rückte an und dann schnell wieder ab (HNA Online vom 07.05.2012).
  • Dann zeigte sich die künstlerische Leiterin der documenta über das Kunstwerk schockiert (HNA Online vom 09.05.2012). Die gut sichtbare Figur würde das documenta-Konzept für den Friedrichsplatz konterkarieren.
  • Später diskutierte man über andere Ausstellungen im Schatten der documenta.
  • Dann erklärte, der Kasseler Oberbürgermeister, er wolle die Ausstellung boykottierten (HNA Online vom 14.05.2012).
  • Ein neuer Akt der Kunstdiskussion wurde eröffnet, mit der Kritik, ob man überhaupt einen nackten Adam und eine nackte Eva (ohne Feigenblatt!) in einer katholischen Kirche zeigen dürfe (HNA Online vom 17.05.2012).
  • Danach meldete sich der ausstellende Künstler zu Wort (HNA Online vom 01.06.2012).
  • Fast einen Monat nachdem der Auftakt der Provinz-Posse begonnen hatte, wurde die Ausstellung eröffnet (HNA Online vom 03.06.2012).
  • Als dann der Oberbürgermeister – wie angekündigt – der Ausstellung fern blieb, war das auch Thema in dem Lokalmedium. (HNA Online vom 05.06.2012)

Zwischendurch hatte die Evangelische Kirche ihre geplante Ausstellung abgesagt. Laut Landesbischof Hein (EKKW) habe man sich „der Intervention der documenta gebeugt“. Das Organisationsteam habe den Fehler gemacht die documenta zu fragen. Der hier involvierte Künstler übte dann ebenfalls scharfe Kritik. (HNA-Artikel vom 12.07.2012  | HR-Bericht).

Natürlich erschienen die Artikel nicht nur online, sie kamen auch in die gedruckten Ausgaben. Nach über zwei Monaten war dann der Sachverhalt auch ausreichend thematisiert und weitschweifig dargelegt. Inzwischen hatte es das Thema auch in die bundesweite Berichterstattung geschafft – gemeinsam mit der documenta Eröffnung. Unter anderem berichtete die BILD. Wenn ich mich richtig entsinne, war es sogar im gedruckten Spiegel drinnen.

Und jetzt ist das Ganze auch noch Thema hier im HNA-Watchblog. Die Story ist wirklich sehr breitgetreten. Inzwischen probieren die Kirchen und die HNA den ganzen medialen Coup zu wiederholen, diesmal nur ohne documenta.

Diesmal geht es um eine Ausstellung der Caricatura (Galerie für Komische Kunst). Die Caricatura, die sich im Hauptbahnhof Kassel (Kulturbahnhof) befindet, bewirbt ihre aktuelle Zurschaustellung mit einer Jesus-Karikatur.

  • Zuerst empörten sich die Kasseler Kirchen (HNA Online vom 17.08.2012).
  • Danach brach das pro-und-contra-Geplänkel aus. Nicht nur in der Kommentarfunktion, nein auch in den HNA-Artikeln. Die Seite 3 der Kasseler HNA-Ausgabe vom 18. August hatte das Thema „Streit zwischen Kunst und Kirche“ (HNA Online vom 18.08.2012)
  • Dann meldete sich der Künstler per Interview zu Wort (HNA Online vom 21.08.2012).  Die Seite 3 hatte am 21. August wieder dran glauben müssen und wurde ebenfalls dem Kasseler Karikaturenstreit geopfert.
  • Am 22. August pflasterte die HNA dann schon wieder die Seite 3 ihrer Kasseler Ausgabe unter der Überschrift „Kasseler Karikaturenstreit“  komplett voll.
  • 23. August: Bei der Polizei wurde wegen der Karikatur Anzeige erstattet. Der dazugehörige HNA-Artikel schaffte es auf Seite 1 der Kasseler Lokalausgabe. Online hier zu lesen.

Zwischendurch sprangen der Hessische Rundfunk und Spiegel-Online auf den Zug auf. Die FR folgte. Bei Spiegel Online International gibt es sogar einen Artikel auf Englisch über den ganzen Sachverhalt.

Und mal wieder müssen die Kasseler und die HNA-Leser besonders die Meinungs- und Kunstfreiheit aushalten. Die Freiheit der Einen Kunstwerke auszustellen (seien es Figuren oder Karikaturen). Und die Freiheit der Andern deren Entfernung zu fordern, weil sie diese Art der Kunst ablehnen.

2 Gedanken zu “Breitgetretene Provinz-Possen

  1. Pingback: Die Erlösung naht! | lukaskiepe.de

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