Nach Leserprotesten hat heute auch die HNA über einen Großeinsatz des Zolls bei einer Kasseler Zustellfirma berichtet. Die Durchsuchungen fanden bereits am 15. April statt, berichtet nh24.de. Sowohl online, als auch gedruckt wurde der HNA-Artikel mit klarem Lokalbezug im Wirtschaftsteil „versteckt“. Bei der HNA ist das Thema Chefsache, der Chefredakteur persönlich schrieb die kurze Meldung, die zwei Wochen auf sich warten ließ.
Von der Relevanz her hätte der Artikel auch Aufmacher sein können: Verdacht des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen in einer Vielzahl von Fällen durch Umetikettieren von beitragspflichtiger Beschäftigung zu beitragsfreier kurzfristiger Beschäftigung. 600 Beamte bundesweit im Einsatz, 90 durchsuchte Objekte, 2 Millionen Euro beschlagnahmt, schreiben andere Medien. Genaue Details zu den womöglich illegalen Beschäftigungsverhältnissen hat nh24.de bei Zoll und Staatsanwaltschaft erfragt und klärt die Hintergründe für die Ermittlungen auf.
Warum hüllen sich die Kasseler Ippen-Medien HNA und ExtraTIP zu diesem Großeinsatz in Schweigen? Spiegel-Online schreibt:
Die Behörden gehen davon aus, dass die Unternehmen, die zum Einflussbereich des Münchner Verlegers Dirk Ippen gehören, sich mit einem illegalen Trick um Sozialversicherungsabgaben in Millionenhöhe gedrückt haben. Im Zentrum steht dabei nach Angaben eines Ermittlers neben einem Offenbacher Unternehmen die Firma Top Direkt Marktservice GmbH in Kassel, die von dem Ippen-Neffen Daniel Schöningh geleitet wird und unter anderem auf die Verteilung kostenloser Werbezeitschriften spezialisiert ist.
Die „
Kasseler Firma Top Direkt“ soll also ippennah sein und ist damit entfernt mit der HNA und dem ExtraTIP verbunden. „HNA-nah“ ist auch der Firmensitz.
Auf Nachfrage bestätigte uns die Kasseler Staatsanwaltschaft, dass auch der Geschäftssitz in Kassel (des von der Staatsanwaltschaft namentlich nicht genannten Unternehmens) durchsucht worden sei. Eine kurze Internetrecherche ergibt, dass die Zustellfirma im gleichen (nicht ganz kleinen) Gebäudekomplex wie die HNA in der Frankfurter Straße sitzt. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, warum zuerst keine Berichterstattung erfolgte:
- Zoll, Staatsanwaltschaft und Rentenversicherung können sehr diskret auf dem Gelände des Druck- und Pressezentrums durchsuchen und konzentriert arbeitende HNA-Redakteure haben in ihren Großraumbüros nichts mitbekommen.
- Oder die Berichterstattung war unerwünscht …
Egal, was zutrifft, beides lässt kein gutes Haar an der HNA erahnen. Unabhängig davon, wie die Ermittlungen ausgehen werden. Gegenüber dem Mediendienst Kress bestätigte die Firma die Ermittlungen und erklärte, sie kooperiere mit der Staatsanwaltschaft, um die Vorwürfe zügig zu klären.
Nachtrag (6. Mai): Die durchsuchte Firma stellt u.a. den ExtraTIP zu. Zwischen beiden Geschäftsleitungen gibt es eine personelle Klammer.
Gefunden hier:
Hess. Allgemeine vom 29. April 2015, Seite 21: Großeinsatz des Zolls bei Kasseler Firma